Heute möchte ich mal auf ein allgemeineres Thema zu sprechen kommen. Und zwar der Bildaufbau bei Portraits. Man hört da ja immer wieder Begriffe wie Goldener Schnitt oder Drittel-Regel. Aber um was geht es dabei?
Im Prinzip ist der goldene Schnitt erstmal eine mathematische Herleitung, welche die Aufteilung einer Strecke in einem Verhältnis definiert. Sind nun die Proportionen eines Bauwerks oder die Bildaufteilung eines Gemäldes in diesem Verhältnis, so werden wir es als besonders harmonisch wahrnehmen. Das spannende daran ist, diese Aufteilung findet man eben auch an vielen Orten in der Natur. So sind z.B. Blütenstände verschiedener Pflanzen im goldenen Schnitt aufgebaut. Wer sich für die Theorie hinter der ganzen Mathematik interessiert, liest sich einfach mal den Eintrag auf Wikipedia dazu durch. 😉
Was heisst dies jedoch für uns Fotografen? Angelehnt an die ideale Proportion benutzt man in der Fotografie die Drittel-Regel. Teilen wir ein Bild gedanklich horizontal und vertikal in drei Teile, so entstehen dabei 9 kleine Rechtecke. Ich hab euch das hier mal aufgezeichnet und zusätzlich in blau die jeweiligen Mittellinien eingezeichnet.
Klassisch gilt dabei, das man den Bildinhalt auf 1/3 zu 2/3 verteilen soll. Bei einem Landschaftsfoto hiesse dies zum Beispiel das wir einen Drittel Landschaft und zwei Drittel Himmel haben. Allerdings können wir diese Regel auch für die Portraitfotografie anwenden. Denn auch hier wird der Betrachter ein Bild, welches nach dieser Regel aufgeteilt ist, als harmonisch empfinden. Dazu auch gleich ein kleines Beispiel:
Zur besseren Darstellung hab ich das Raster, das wir eben kennengelernt haben, rechts über das Bild gelegt. Sehr schön zu sehen ist, das Kopf und Hals die oberen zwei Drittel des Bildes ausfüllen und der Oberkörper mit dem schwarzen Pulli das untere Drittel. Damit hätten wir schonmal die grundlegende Bildaufteilung. Zusätzlich hab ich das linke Auge auf der Mittellinie platziert. Der dadurch entstandene Anschnitt des Kopfes erzeugt eine zusätzliche Spannung im Bild.
Gerade bei Close-Up Portraits sollte den Augen (sie sind schliesslich die Seele unseres Gesichts) besondere Beachtung geschenkt werden. Eine zusätzliche Ausrichtung an der Mittellinie (bei Hochformat) erzeugt eine schöne Harmonie und bringt die Augen ins Zentrum des Bildes. Wenn wir nun die Nase auf die Mittellinie gelegt hätten, würden die Augen im obigen Beispiel ziemlich exakt auf den beiden vertikalen Teilungslinien liegen. Auch dies würde die Augen wieder in den Mittelpunkt rücken.
Um das noch an einem anderen Bild zu zeigen, hab ich hier noch ein Portrait im Querformat.
Wenn wir uns dieses Bild mal genauer anschauen, haben wir einen ziemlich dunklen Hintergrund auf dem unser Model recht hell heraussticht. Jetzt legen wir einfach wieder unser Raster über das Bild:
Wir haben wieder eine Aufteilung in die Bilddrittel. Zum einen direkt beim Hintergrund. Der Boden im unteren Drittel und die Wand nimmt die oberen zwei Bilddrittel in beschlag. Schauen wir uns nun die Platzierung des Models im Bild an. Typisch für Portraits im Querformat ist, dass die Hauptachse der abgebildeten Person (Gesicht) auf einer der vertikalen Teilungslinien liegt. Beim obigen Beispiel, füllt die Gitarre zusätzlich sehr schön noch zweidrittel der Bildbreite aus.
Also fassen wir zusammen:
- Bilder nicht mittig aufbauen (wirkt langweilig und statisch) sondern in Drittel aufteilen
- Close-Up’s im Hochformat, Auge oder Nase auf der Bildmitte sorgt für eine harmonische Aufteilung
- Portraits im Querformat, zentrale Achse (meist Gesicht) auf eine der Teilungslinien platzieren
- Zentrale Bildelemente die in eines der äusseren „Neuntel“ platziert werden, sorgen für zusätzliche Spannung
- Bei Outdoorbildern auch den Hintergrund beachten und gegebenenfalls dritteln
Schaut euch doch mal eure eigenen Bilder genauer an. Oftmals macht man solch eine Bildaufteilung bereits unbewusst, da man diese eben als harmonisch empfindet. Allerdings möchte ich auch sagen, dass die Drittel-Regel grundsätzlich als Faustregel zu verstehen ist. Bewusstes Anschneiden oder missachten dieser klassischen Bildaufteilung vermag Portraits eine ganz besondere Spannung verleihen.
[…] This post was mentioned on Twitter by Cornelius Fischer, Remo Liechti. Remo Liechti said: Synchronzeit – New blog post: Bildaufbau für Portraits – Die Drittel Regel http://bit.ly/5JWJeS […]
Hallo,
Viele schöne Artikel schreibst du hier, das fundierte Fachwissen wird wirklich anschaulich dargelegt. Ich habe auch mal etwas über das Thema Landschafts Fotografie und zwei drittel Regel verfasst, schau doch mal rein.
mit freundlichen Grüßen..
Irgendwie widersprichst du dir bei einigen Aussagen selber:
„Bild nicht mittig aufbauen“
und schon im nächsten Satz:
„[…] Nase auf der Bildmitte sorgt für harmonische Aufteilung“
Die Nase auf der Bildmitte ist kein mittiger Aufbau?
Und im Endeffekt liegt doch eigentlich immer irgendein Stück Motiv auf den Dritteln?
Hi Sam,
wie viele „Regeln“ in der Fotografie, ist auch die Drittel Regel in erster Linie eine Empfehlung und Hilfestellung, welche nicht zu sehr als starres Konstrukt betrachtet werden darf. Gerade jedoch für Einsteiger ist es ein gutes Hilfsmittel um harmonische Portraits zu fotografieren.
Was den anscheinenden Widerspruch angeht. Lies mal etwas weiter oben im Text. Dort ist das mit Dritteln und Auge/Nase etwas ausführlicher Beschrieben.
Mit der mittigen Aufteilung ist das Bild als gesamtes gemeint. Der Hinweis mit der Nase bezieht sich auf das Beispiel von Close up Portraits im Hochformat.
Noch etwas allgemeines, dieser Post ist als grundsätzliche Hilfestellung gedacht, für Leser die bisher kaum bis garnicht im Bereich People/Portrait fotografiert haben.
Für einen Einsteiger in den Bereich People/Portrait ist dieser Post sicher sehr hilfreich, um von der Mitte wegzukommen.
Ich hätte nun noch eine Frage, bei der es mehr ums Detail geht: Wieso haben Sie beim Close-Up das Gesicht oben rechts und nicht oben links platziert? Beim zweiten Foto haben Sie die Person im linken Drittel platziert. Hätte man sie in diesem Fall auch rechts platzieren können?
Hallo Roger,
vielen Dank für dein Feedback. Zu deinen zwei Fragen.
Beim Close-up Portrait hätte ich das Gesicht genauso gut auf mit der Nase auf die Mittelachse oder nach links gerückt fotografieren können. Was einem hier besser gefällt, ist rein persönlicher Geschmack.
Bezüglich der zweiten Frage, wieso die Gitarristin links und nicht rechts im Bild ist. Ihre Blickrichtung geht nach rechts, also mit dem von mir verwendeten Schnitt ins Bild hinein. Würde ich sie in der gleichen Pose nach rechts rücken. Würde sie aus dem Foto schauen. Dies kann für Betrachter komisch wirken, da nicht mehr so klar ist, was die Person genau anschaut.
Persönlich mag ich es lieber, wenn Personen in das Foto schauen und nicht aus dem Foto.
Hoffe das beantwortet deine Fragen.
Danke für die Beantwortung meiner Fragen. Nun kann ich mir schon besser vorstellen, wie man bei der Drittel-Regel das Motiv platziert, obwohl ich noch nicht herausgefunden habe, wie ich die Hauptachse finde.
Schade, dass zumindest bei diesem Close-Up Portrait als auch beim zweiten Bild die Platzierung eine rein persönliche Geschmackssache ist. Das macht das Platzieren so zufällig und willkürlich. Wenn es mir gefällt, könnte es dem Model nicht gefallen und wenn es eine Setcard ist, wer weiss, wem es dann noch gefällt oder nicht.
Ich bekommen den Eindruck, dass da die Schwäche des Bildaufbaus für Portraits mit der Drittel Regel liegt: die Lage des Motivs hat etwas Willkürliches an sich.
Die Drittel“Regel“ sollte vorallem als eines verstanden werden. Als mögliche Hilfe um ein harmonisches Bild zu machen. Das ganze ist eigentlich keine Regel sondern nur eine Richtlinie an die man sich halten kann, aber nicht MUSS.
Fotografie ist immer etwas persönliches und drückt automatisch immer den Geschmack des Fotografen aus. Das schlimmste was man als Fotograf machen kann, ist zu versuchen auf Gedeih und Verderb den Geschmack des „Kunden“ (Model, Privatperson etc) zu treffen. Du bist derjenige der die Kamera in der Hand hält und abdrückt. Also entscheidest du was DIR gefällt und Ende Geschichte. 😉
Ich frage mich halt, was ist, wenn ich mich an diese Richtlinie halten möchte, wie ich dann die geeignetste Platzierung finde.
Ich verstehe schon, dass ich entscheiden muss, was mir gefällt. Ich fände es halt schön, wenn ich Bilder machen könnte, die auch anderen gefallen. Und wenn es dazu eine Regel oder Richtlinie oder Hilfe geben würde, die mir dabei hilft, wäre das natürlich toll. Die Bilder müssen auch nicht gleich der ganzen Welt gefallen. Ich wäre ja schon zufrieden, wenn ich eine Hilfe hätte, um für mich und den Betrachter harmonische, nicht langweilige und nicht statische Bilder machen zu können.
Du schreibst „Denn auch hier wird der Betrachter ein Bild, welches nach dieser Regel aufgeteilt ist, als harmonisch empfinden.“. Mache ich es also richtig, empfindet das nicht nur ich so, sondern auch der BETRACHTER. Du schreibst „Bilder nicht mittig aufbauen (wirkt langweilig und statisch) sondern in Drittel aufteilen“. Ich fände es toll, wenn meine Bilder nicht langweilig und statisch wirken und gehe davon aus, dass Du das so geschrieben hast, weil das dann auch für den Betrachter so ist. Diese Drittel-Regel ist also eine Richtlinie oder Hilfe, die all das kann und zwar für den Betrachter und nicht nur für mich.
Mir ist schon klar, dass es bei Deinem Artikel hauptsächlich darum geht zu zeigen, um was es bei den Begriffen wie Goldener Schnitt oder Drittel-Regel geht, obwohl ich beim letzten Teil des Beitrages schon den Eindruck hatte, dass es auch um Tipps geht, wie man zu spannenden, dynamischen und harmonischen Bilder kommt und zwar unabhängig von meinem Gefallen. Also diese Tipps finde ich toll. Es fehlen mir nur noch ein paar Puzzleteile, um das alles anwenden zu können.
Vom Gefühl her würde ich sagen, dass du dich zu sehr darauf versteifst nach einer Regel zu arbeiten um es ja recht zu machen.
Die Drittelteilung von Bildern ist eine Möglichkeit Bilder zu machen, die vielen Leuten von der Bildaufteilung gefallen werden. Man darf es aber auch nicht zu sehr als „Regel“ verstehen.
Mein Tip, nimm die Kamera in die Hand, mach Fotos von Menschen und versuche alles mögliche aus. Versuche Bilder in Drittel geteilt zu fotografieren, versuche aber auch bewusst die Drittelteilung zu brechen. Für all dies wirst du nirgends wirkliche Regeln finden. Fotografie ist dafür viel zu emotional und gesteuert durch den Fotografen der die Bilder fotografiert.
Hab nur Mut zu experimentieren, denn auch ein mittig aufgebautes Foto kann spannend sein. Es ist aber weitaus schwieriger hier Spannung aufzubauen, als wenn man ein Portrait in drittel teilt.
Besten Dank für Deine Tipps, die ich mir gerne zu Herzen nehme.
[…] Hierzu gibt es die einfach zu befolgende Drittelregel die aus dem goldenen Schnitt abgeleitet ist. Lest euch dazu am besten zuerst diesen Artikel zur generellen Bildaufteilung in Drittel durch und danach diesen Artikel speziell für Portraits. […]